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Geschichte: Petra und die Nabatäer

Chronologische Zusammenstellung von Daten und Fakten zur Geschichte von Petra und der Nabatäer, die ihre Hauptstadt, in der einstmals 30.000 Menschen lebten, Raqmu nannten (aramäisch-nabatäisch "farbiger Stein"). Petra ist Griechisch und bedeutet "Fels/Felsen".

Einige der wichtigsten Monumente in Petra sind hier zeitlich eingeordnet und mit ausführlicheren Präsentationen in unserem informativen Fotorundgang verlinkt.

Kapitel - schneller Zugang:

Petra vor den Nabatäern
Zeugnisse früher Ansiedlungen seit der Altsteinzeit

Ankunft und Aufstieg der Nabatäer
Die Nabatäer im Gebiet von Edom, Quellen des Reichtums, die Griechen plündern "Petra", mächtige Nachbarn

Petra / Raqmu wird Hauptstadt
Frühe Siedlungsspuren und überlieferte Erwähnungen, Petra wird Station der Weihrauchstraße, älteste monumentale Gräber

Beginn des 1. Jhs. bis 30 v. Chr.
Größte Ausdehnung des Nabatäerreichs, Abhängigkeit von Rom, Konflikte mit Herodes und Kleopatra, Ende der Ptolemäer

Letzte Jahrzehnte 1. Jh. v. Chr.
Obodas II. und Syllaios, Nabatäer erstarken wirtschaftlich, frühe Fassadengräber, Vorarbeiten für monumentale Bebauung

Die Blütezeit von Petra, 1. Jh. n. Chr.
Das Baugeschehen in Petra und das Reich der Nabatäer bis zu dessen Ende 106 n. Chr.

Römische Provinz, 2. und 3. Jh.
Rätselhafte Annexion, Petra bleibt die Metropole der neuen Provinz, neuer Bauboom, allmählicher Niedergang

Byzantinische Zeit bis Mittelalter
Christianisierung, großes Erdbeben 363 in Petra, Kirchenbauten, Krise und Ende der Stadt, Islamisierung, Kreuzritter in Petra

Wiederentdeckung, Neuzeit, Gegenwart
Erste europäische Besucher in Petra, Beginn der systematischen Erforschung, UNESCO Weltkulturerbe, neues Museum

Liste der nabatäischen Könige

Petra und die Region vor den Nabatäern

Die Gegend von Petra war schon in der Altsteinzeit besiedelt. Zu den Zeugnissen von Ansiedlungen aus frühen Epochen gehören diese:

Neolithisches Dorf Beidha

Neolithisches Dorf Beidha

Die gut erhaltene und didaktisch aufbereitete archäologische Stätte 4,5 km nördlich vom Zentrum von Petra vermittelt anschaulich, wie die Menschen vor 10.000 Jahren dort lebten.
Spezielle Präsentation

Umm Saysaban, Bronzezeit

Umm Saysaban

An Resten des Dorfes aus der frühen Bronzezeit kommt man vorbei, wenn man von Norden her "durch die Hintertür" zum Ad-Deir (Kloster) aufsteigt.

Edomitische Siedlungen, Eisenzeit

Umm al-Biyara

In der späten Eisenzeit erfolgte die stärkste vornabatäische Besiedelung der Region von Petra, die damals zu Edom gehörte. Das kleine Königreich erstreckte sich vom Wadi al-Hasa am Südende des Toten Meeres bis zum Golf von Akaba. Die Edomiter legten Höhensiedlungen auf schwer zugänglichen Bergen an, so wie die vom 7. bis 4. Jh. v. Chr. bewohnte auf der Umm al-Biyara (Mutter der Zisternen), dem höchsten Berg im Stadtgebiet von Petra.

Herrschaft Babylons und der Perser

Nabonid, Sela

Auf seinem Feldzug gegen das nordarabische Tayma zog der Neubabylonische König Nabonid 552 v. Chr. durch Transjordanien. Dabei zerstörte er den Königsitz und andere Siedlungen im Reich Edom und brachte es unter seine Herrschaft. Ein großes Relief des Nabonid mit Inschriften in Keilschrift am Berg Khirbet es-Sela (50 km nördlich des späteren Petra) entstand in jener Zeit.

Nachdem Babylon 539 v. Chr. an das persische Großreich der Achämeniden gefallen war, gelangten auch die von Nabonid eroberten Gebiete östlich des Jordan und in Nordarabien unter die Kontrolle der Perser. Deren Reich wurde 330 v. Chr. von Alexander dem Großen endgültig besiegt.

Ankunft und Aufstieg der Nabatäer

Die Nabatäer im Gebiet von Edom, Quellen des Reichtums, die Griechen plündern "Petra", mächtige Nachbarn

Die Nabatäer in Edom

Ab Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr. breiteten sich die arabischen Nabaṭu, zu denen verschiedene Nomadenstämme und Clans gehörten, im Siedlungsgebiet der Edomiter zwischen dem Roten und dem Toten Meer aus. Ihre Herkunft ist nicht eindeutig geklärt, sie kamen wohl aus dem nördlichen Arabien.

Die Nabatäer drangen entlang der Handelsrouten vor und kamen mit den verbliebenen einheimischen Stämmen in Kontakt, ohne auf größeren Widerstand zu stoßen. Schon davor, ab dem 8. Jh. v. Chr., hatten die Edomiter begonnen, aus ihrer ursprünglichen Heimat nach Nordwesten auszuwandern. Nach der Zerstörung Edoms durch den Neubabylonier Nabonid im 6. Jh. v. Chr. erreichte diese Auswanderung den Höhepunkt und dauerte auch danach noch an. Das neue Siedlungsgebiet der Edomiter in Südpalästina wurde seit hellenistischer Zeit Idumäa genannt.

Quellen des Reichtums

Ab 380/370 v. Chr. könnten die Nabatäer als Zwischenhändler in den Weihrauchhandel zwischen Dedan (antike Oasenstadt in der Nähe des heutigen al-'Ula in Saudi-Arabien) und der Hafenstadt Gaza am Mittelmeer involviert gewesen sein. (R. Wenning)

Über den Fernhandel (Karte) mit Weihrauch, Myrrhe, Gewürzen und anderen Luxusgütern hinaus war die Gewinnung von Bitumen aus dem Toten Meer ein lukratives Geschäft. Dieser natürliche Asphalt diente u.a. zum Abdichten von Booten, der Mumifizierung von Leichen und als Heilmittel.

Alexander der Große erobert Gaza

Gaza war ein Endpunkt der Weihrauchstraße und das Tor zum Mittelmeer. Als Alexander der Große den gut bewachten Stützpunkt der Perser nach zweimonatiger Belagerung eroberte, stieß er auf Lager voller Weihrauch und Myrrhe. Somit erhielten die Griechen Kenntnis vom Reichtum der Nabatäer und deren Karawanenhandel mit dem südlichen Arabien.

Plutarch (um 45 - um 125 n. Chr.) erzählt in seiner Biographie Alexanders, dass dieser riesige Mengen an Weihrauch und Myrrhe aus Gaza an seinen einstigen Lehrer Leonidas schickte - siehe die Anekdote.

Plünderung von "petra" - erste historische Erwähnung der Nabatäer

Das erste überlieferte Zeugnis von der Existenz der Nabatäer berichtet vom Überfall griechischer Truppen des Antigonos Monophthalmos auf deren Rückzugsort auf einem schwer einnehmbaren Berg, "petra" (griechisch: Fels) genannt. Dabei handelt es sich aber wohl nicht um die spätere nabatäische Hauptstadt, sondern um den 50 km entfernten Khirbet es-Sela (Foto). Geschildert werden auch die nachfolgenden Auseinandersetzungen und die Lebensweise der Nabatäer, allerdings durchdrungen von Klischees und Überheblichkeit der Griechen gegenüber den "Barbaren".

Aufgeschrieben hat das der griechische Historiker Diodor (ca. 90 - ca. 30 v. Chr.) viel später nach einem Bericht des Hieronymos von Kardia (um 360 - nach 272 v. Chr.), einem Offizier der Angreifer.

Mehr dazu:
Spezielle Präsentation von Sela

Plünderung von Sela 311 v. Chr.

Mächtige Nachbarn der Nabatäer

Nach der Niederlage des Antigonos I. Monophthalmos in der Schlacht bei Ipsos 301 v. Chr. etablierten sich die hellenistischen Reiche der Seleukiden in Kleinasien, Nordsyrien und Mesopotamien sowie der Ptolemäer in Ägypten. Beide stritten immer wieder um Palästina und die Gebiete östlich des Jordan, über die zunächst die Ptolemäer herrschten, die somit die mächtigsten Nachbarn der Nabatäer waren. Sie bedrohten diese auch wirtschaftlich, indem sie die lukrativen Handelswege nach Arabien und Indien durch das Niltal und Alexandria umleiten wollten. Die Nabatäer attackierten die Transporte über das Rote Meer mit Piratenschiffen und verbündeten sich mit den Seleukiden gegen die Ptolemäer.

Erste Nennung eines nabatäischen Königs

Im Papyrus des Poseidippos von Pella (war etwa 272 - 252 v. Chr. am Hofe von Ptolemaios II. Philadelphos in Alexandria) ist erstmals ein nabatäischer König erwähnt, der "mächtige Kavallerieverbände" befehligte. Ihm wurde so große Bedeutung beigemessen, dass er zusammen mit den griechischen, persischen und ptolemäischen Herrschern genannt wird.

Seit dem 3. Jh. (möglicherweise schon früher) trugen die obersten Führer der Nabatäer den Titel malak = König.

Petra / Raqmu wird Hauptstadt der Nabatäer

Frühe Siedlungsspuren und überlieferte Erwähnungen, Petra wird Station der Weihrauchstraße, älteste monumentale Gräber

Nabatäische Siedlungsspuren

Jabal a-Habis

Um die Wende vom 5. zum 4. Jh. v. Chr. entstand unterhalb des Jabal a-Habis auf den Terrassenhängen am südlichen Ufer des Wadi Musa eine saisonale oder permanente Siedlung, die bis ins mittlere 3. Jh. v. Chr. existierte. Ab dem 3. Jh. v. Chr. wurden Häuser mit höherem technischen Niveau errichtet. Sie sind wahrscheinlich im 1. Jh. v. Chr. für eine neue Bebauung abgerissen worden. Lokale Keramik ist in Petra seit dem 4./3. Jh. v. Chr. nachgewiesen.

Früheste überlieferte Nennung Petras

Eratosthenes von Kyrene (ca. 284 – 202 v.Chr., Geograph in Alexandria) erwähnte "Petra im Land der Nabatäer" in seiner Geographika als eine Station auf dem Weg von Ägypten nach Babylon.

Petra wird Station der Weihrauchstraße und Zentrum der Nabatäer

Trade route Dedan-Petra-Gaza

Indem die Nabatäer die Route zwischen Dedan (heute Al-'Ula, Saudi-Arabien) und Gaza veränderten, machten sie Petra zu einer Station der Weihrauchstraße, wodurch es zu einer florierenden Siedlung wurde.

Angesichts der um 240 v. Chr. begonnenen Entwicklung und neueren Forschungen scheint Petra schon früher als bislang angenommen zum Sitz der nabatäischen Elite und zum politischen und religiösen Zentrum der Nabatäer geworden zu sein. (Wenning, S. 51)

Älteste monumentale Grabstätten

Blockgräber im Bab as-Siq

Die Blockgräber im Bab as-Siq und in Ras Sulayman (dem östlichen und dem südlichen Zugang zu Petra/Raqmu) sind wahrscheinlich im 2. Jh. v. Chr., wenn nicht schon im 3. Jh. v. Chr. entstanden und somit die ältesten monumentalen Grabstätten der Nabatäer.
Bab as-Siq Tour

Erwähnung König Aretas I.

Dem 2. Buch der Makkabäer 5,8 der Bibel zufolge flüchtete der Hohepriester Jason vor seinen Feinden in Judäa zu "Aretas, König der Araber", der ihm jedoch kein Asyl gewährte, sondern ihn anklagte. Aretas I. wird auch in einer inzwischen verschollenen Inschrift aus jener Zeit in der nabatäischen Stadt Elusa im Negev genannt.

Petra in einem chinesischen Bericht

Der Name Li-kan im Bericht des Entsandten der Han-Dynastie, Chang Ch’ien, der die Regionen westlich von Baktrien erkunden sollte, wird als Übersetzung von Rekem bzw. Raqmu (Petra) interpretiert.

Inschrift in Priene

Eine Inschrift in Priene (im Westen der heutigen Türkei) ehrt einen gewissen Moschion und würdigt dessen Besuche als Gesandter in Alexandria und "Petra in Arabien". Den Griechen war Petra also schon so wichtig, dass es zusammen mit der hellenistischen Metropole genannt wurde.

Das Nabatäerreich erstarkt

Mit zunehmender Schwächung der Reiche der Seleukiden und der Ptolemäer erstarkten kleinere Staaten an deren Rand, so auch die Hasmonäer und die Nabatäer, die im Bestreben um die Ausweitung ihrer Gebiete immer wieder miteinander in Konflikt gerieten. König Aretas II. regierte ca. 115 - 96 v. Chr.

Beginn des 1. Jhs. bis 30 v. Chr.

Größte Ausdehnung des Nabatäerreichs, Rom erlangt die Vormacht in der Region, Konflikte mit Herodes und Kleopatra, Ende der Ptolemäer

Zunehmende Besiedelung von Petra

Um die Wende vom 2. zum 1. Jh. v. Chr. nahm eine planvolle Besiedelung von Petra zu. Es gibt archäologische Belege dafür, "dass eine zentrale Verwaltung das schwierige Unterfangen anging, aus dem von der Natur nicht zum Städtebau prädestinierten Talkessel eine blühende Stadt zu machen. Ein manifestes Zeugnis dieser Bemühungen ist der erste Frischwasseraquädukt, der das Wasser von der Moses-Quelle in Wadi Musa durch den Siq in das Stadtgebiet hineinführte." (Schmid, S. 137)

Die Stadt entwickelte sich nicht innerhalb klarer urbaner Gefüge, sondern die Wohnbereiche bestanden den sozialen Strukturen nomadisierender Gruppen entsprechend aus Clustern von Großfamilien oder Clans, die eigene religiöse Einrichtungen und Grabstätten anlegten. Steingebäude, Zelte (die auch groß und prunkvoll sein konnten) und ausgebaute Wohnhöhlen existierten nebeneinander.

Älteste Inschrift in Petra

Aslah Triklinium Komplex

Im Aslah Triklinium Komplex, dem Versammlungsort eines Clans im Bab as-Siq, befindet sich die älteste datierte Inschrift der Nabatäer in Petra. Gewidmet ist sie ihrem Hauptgott Duschara sowie König Obodas I., der ca. 96 - 87 v. Chr. regierte.
mehr Infos und Fotos

Aretas III. - größte Ausdehnung des Nabatäerreichs

Unter König Aretas III. Philhellenos (Griechenfreund) erstreckte sich das Machtgebiet der Nabatäer von Damaskus bis in die Gegend des heutigen Mekka. Als der Ituräer Ptolemäus Mennäus den Thron in Damaskus beanspruchte, trugen die Bürger der Stadt Aretas III. die Schutzherrschaft über Koilesyrien an, dessen König er 84 - 72 v. Chr. war. Doch als der armenische König Tigranes mit einem mächtigen Heer in Syrien einfiel, sah sich Aretas III. gezwungen, ihm Damaskus zu überlassen.

In Damaskus geprägte Bronzemünze: Aretas III. Philhellenos mit Diadem; Tyche (Schicksalsgöttin) mit Füllhorn

Neuordnung der Region durch Rom

Nach der Niederlage der Seleukiden im Römisch-Syrischen Krieg (192-188 v. Chr.) baute Rom seine Vormacht im östlichen Mittelmeerraum aus. Auf seinem Feldzug 66 - 62 v. Chr. erweiterte und festigte der Feldherr Gnaeus Pompeius Magnus die Herrschaft des Römischen Reichs in der gesamten Region und ordnete diese neu. 64/63 v. Chr. gründete er die Provincia Syria.

Die Nabatäer beugen sich Rom

Im Streit um den hasmonäischen Thron in Jerusalem bat der rechtmäßige Erbe Johannes Hyrkanos II. die Nabatäer, ihm gegen seinen Bruder Judas Aristobulos II. zu helfen. Der nabatäische König Aretas III. zog zunächst erfolgreich gegen Aristobulos II. und belagerte ihn vor Jerusalem. Derweil war die Vorhut des römischen Feldherrn Pompeius in Damaskus angekommen und dessen Militärtribun Marcus Aemilius Scaurus nach Judäa weitergezogen. Die rivalisierenden Hasmonäerbrüder warben um die Unterstützung des Römers, der sich für Aristobulos II. entschied. Scaurus befahl Aretas III. den Rückzug, ansonsten würde er ihn als Feind Roms bekämpfen. Indem der Nabatäerkönig die Bedingungen annahm, erkannte er de facto die Oberhoheit des Römischen Reichs an. 62 v. Chr. unternahm Scaurus einen letztendlich erfolglosen Feldzug gegen Petra, den er abbrach, nachdem die Nabatäer ihm 300 Talente (7800 kg) Silber zahlten.

Nabatäa abhängig von Rom

Nabatäa wurde zum Klientelkönigreich, d.h. formal selbstständig, aber politisch abhängig vom Römischen Reich. Für die Nabatäer war es überlebenswichtig, sich mit den Römern zu arrangieren, worin sie sich als überaus geschickt erwiesen, weshalb ihr Autonomiestatus trotz verschiedentlicher Spannungen und Auseinandersetzungen bis 106 n. Chr. erhalten blieb. Es war wohl ein Verhältnis zum gegenseitigen Vorteil. Die Stabilisierung der Region durch die Macht Roms nützte den Handelsinteressen der Nabatäer. Und die Römer profitierten in mehrfacher Hinsicht von einem reichen, an Stabilität interessierten Nachbarstaat am südöstlichen Rand ihres Machtbereichs.

Die Nabatäer und Herodes

Der Berater des Hasmonäers Johannes Hyrkanos II. in Jerusalem (siehe oben), der Idumäer Antipatros war mit Kypros verheiratet, einer nabtäischen Königs- oder Fürstentochter. Deren Sohn Herodes (geb. 73 v. Chr.) eroberte 37 v. Chr. mit Hilfe Roms den Thron von Jerusalem und regierte bis zu seinem Tod 4 v. Chr. als vom Römischen Reich abhängiger Klientelkönig. Ungeachtet der familiären Beziehungen kam es zwischen Herodes und den benachbarten Nabatäern immer wieder zu militärischen Konflikten, gegenseitigen Gebietsansprüchen und politischen Intrigen.

Kleopatra erhält nabatäische Gebiete

Mitte des 1. Jhs. v. Chr. bestieg die 18-jährige Kleopatra VII. den Thron im ptolemäischen Ägypten, das seit dem 2. Jh. v. Chr. zunehmend in die Abhängigkeit von Rom geraten war. Legendär sind ihre Beziehungen zu Caesar und zu Marcus Antonius, als dieser die Herrschaft über den Osten des Römischen Reichs ausübte. In ihrem Großmachtstreben verlangte Kleopatra von ihrem Geliebten, ihr die Reiche des Herodes und der Nabatäer zu übertragen. Das lehnte Antonius zwar ab, schenkte ihr aber einige Territorien von Phönizien und Judäa sowie nabatäische Gebiete.

Ende der Ptolemäer, Nabatäer verhindern Kleopatras Flucht

Der Sieg Octavians (ab 27 v. Chr. Augustus genannt) über Marcus Antonius und Kleopatra VII. in der Seeschlacht bei Actium 31 v.Chr. besiegelte das Ende des hellenististischen Königreichs der Ptolemäer, das in die Provincia Aegyptus umgewandelt wurde. Als Zeichen seiner Loyalität gegenüber Octavian ließ der Nabatäerkönig Malichus I. (regierte 59 - 30 v. Chr.) die Schiffe zerstören, mit denen Kleopatra VII. über das Rote Meer fliehen wollte.

Letzte Jahrzehnte 1. Jh. v. Chr.

Obodas II. und sein Wesir Syllaios, die Nabatäer erstarken wirtschaftlich, frühe Fassadengräber, Vorarbeiten für monumentale Bebauung

Bericht über das Leben in Petra

Von Strabon (griechischer Historiker, Geograph, Philosoph, um 64/63 v. Chr. - nach 23 n. Chr.) stammt eine überaus positive Beschreibung der Stadt Petra und der nabatäischen Gesellschaft. Sie beruht auf dem Bericht seines Freundes Athenodoros von Tarsos, der die Hauptstadt der Nabatäer um 30 v. Chr. möglicherweise als Gesandter des römischen Herrschers Octavian besuchte, welchem Strabon spätere Informationen (auch falsche) hinzufügte. Angesichts der vielen Römer und anderen Fremden in der Stadt, die wohl vor allem Kaufleute und Politiker waren, schilderte er Petra als kosmopolitische "Metropolis".

In dem Bericht ist das Fortbestehen einer tribalen Struktur als Grundlage des nabatäischen Staatswesens jener Zeit erkennbar. So soll der König als primus inter pares den Clanchefs gegenüber rechenschaftspflichtig gewesen sein und seine Gäste bei Banketten auch selbst bedient haben. Athenodoros lobte den Gerechtigkeitssinn der Nabatäer und sah kaum Sklaven. Daraus wäre zu schließen, dass die Bauwerke der Stadt von den nabatäischen Bürgern selbst und auswärtigen Handwerkern im Wesentlichen ohne Sklavenarbeit errichtet worden sind. Zu jener Zeit scheinen noch keine monumentalen Bauten existiert zu haben, denn Athenodoros erwähnte nur Wohnhäuser "von kostbarem Gestein" (wahrscheinlich nur bemalter Stuck).

Alexandrinischer Einfluss wird stärker

Silbermünze: Obodas II. mit Ehefrau

Nach dem Ende des Ptolemäerreichs nehmen die Nabatäer verstärkt Einflüsse der Architektur, Kunst, Religion etc. Alexandrias auf. Das Motiv des hintereinander gestaffelten Doppelporträts des Herrscherpaares auf Münzen Obodas II. (regierte 30 - 9 v. Chr.) ab 29/28 v. Chr. ist von den Ptolemäern übernommen. Die ägyptische Göttin Isis wurde spätestens seit dieser Zeit in Petra verehrt. Sie ist dort in einer Inschrift neben einer Figur von 26/25 v. Chr. genannt. (Wenning, S. 54)

Silbermünze: Obodas II. mit Ehefrau, 12 v. Chr.. Fotos: Classical Numismatic Group (CNG), Wikimedia Commons.

Obodas II. und sein intriganter Wesir

Auf den nabatäischen König Malichos I. (regierte ab 59 v. Chr., 30 v. Chr. letztmalig erwähnt) folgte dessen Sohn Obodas II. Oft wird er als Obodas III. bezeichnet, weil nach Obodas I. (ca. 96 - 85 v.Chr.) ein weiterer König mit Namen Obodas 62/61 - 60/59 v. Chr. regiert haben soll, doch gibt es erhebliche Zweifel an dessen Existenz. Obodas II. (regierte 30 - 9 v. Chr.) wurde als schwach geschildert, was aber auf eine nabatäerfeindliche Perspektive von Chronisten und darauf zurückzuführen sein könnte, dass er im Schatten des mächtigen, eigenwilligen und intriganten Syllaios stand, der als höchster Berater (Wesir) mit dem Titel "Bruder des Königs" die Staatsgeschäfte und die Armee führte.
Mehr über Syllaios

Nabatäer erstarken wirtschaftlich

Um seine Herrschaft auf die gesamte arabische Halbinsel auszudehnen, befahl der römische Kaiser Augustus seinem Statthalter in Ägypten, Aelius Gallus, um 25/24 v. Chr. einen Feldzug gegen das Königreich Saba in Südarabien (heute Jemen). Dafür stellte das Klientelkönigreich Nabatäa ein Truppenkontingent von 1000 Mann, das Syllaios (siehe oben) befehligte. Die Nabatäer schlossen sich den Römern nicht nur an, weil sie ihnen ihre Loyalität beweisen mussten, sondern auch weil die beabsichtigte Unterwerfung der Sabäer ihr eigenes Anliegen war und sie die Expedition für ihre Interessen ausnutzen konnten.

Die Belagerung von Marib, der Hauptstadt der Sabäer, musste wegen Wassermangels abgebrochen werden. Für die Römer scheiterte die Expedition verlustreich, doch den Nabatäern brachte sie offenbar großen Nutzen. Die "Wiederöffnung der zuvor von Saba gesperrten sog. Weihrauchstraße für den Warenverkehr zu Land zwischen Süd-Arabien und den Nabatäern hatte eine unglaubliche wirtschaftliche Blüte zur Folge, ablesbar an der Siedlungsexpansion, Tempelbauten etc." (Wenning 1991, S. 82/83).

Fassadengräber entstehen

Grab BD 825

Die Fassadengräber, für die Petra so berühmt ist, können wegen fehlender Inschriften und geraubter Beigaben nicht eindeutig datiert werden. Die frühesten sind wohl ab Mitte des 1. Jhs. v. Chr. entstanden, die allermeisten im 1. Jh. n. Chr.. Nachdem die Römer das Nabatäerreich 106 n. Chr. annektiert hatten, waren Beisetzungen im Stadtzentrum verboten. Das letzte Grab ist das etwas abseits gelegene des um 129 n. Chr. verstorbenen Sextius Florentinus.

In Petra gibt es über 1000 Felsengräber, 628 davon sind Fassadengräber. Zunächst hielten Forscher die schlichteren für die ältesten, doch entstanden diese meist erst nach den frühen komplexen Bauten, als wohlhabende Bürger ebenfalls Grabstätten im Stadtgebiet haben wollten, was aus Kostengründen zu einer Vereinfachung und Standardisierung führte. Mehr dazu, Grafiken:
Typen der Grabfassaden

Ältere Gräber unter der Khazneh

Ältere Gräber unter Khazneh

Unterhalb der berühmten Al-Khazneh (Schatzhaus) sind erst 2003 ältere Fassadengräber teilweise freigelegt worden. Das älteste davon könnte Mitte des 1. Jhs. v. Chr. entstanden sein, und die heute durch ein Gitter sichtbaren wurden auf 25/20 - 10 v. Chr. datiert. Wahrscheinlich waren vier der fünf Gräber vom Typ Hegra, also Stufengräber mit hoher Fassade und großen Halbzinnen. Als die Khazneh einige Jahrzehnte später aus der Felswand darüber gemeißelt wurde, mussten die älteren Grabbauten oben abgeschlagen werden. Sie blieben aber weiterhin in Benutzung.
ausführliche Infos und Fotos

Neuer nabatäischer Stil

Älteres Grab unter Khazneh

An den Gräbern unterhalb der Khazneh sind architektonische Elemente eines neuen nabatäischen Stils zu erkennen, so z.B. die Kapitelle. Dieser trat zunächst in der Münzprägung und Keramik in Erscheinung und artikulierte sich dann in allen Bereichen der Kunst und Architektur. Seinen Höhepunkt erreichte er in den großen Kultbauten und öffentlichen Gebäuden im ersten Jahrhundert nach der Zeitenwende. Die Nabatäer waren Meister darin, Vorbilder und Einflüsse unterschiedlicher Herkunft den eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen entsprechend zu adaptieren, zu kombinieren und zu einem charakteristischen Stil umzuwandeln.

Springflut durch den Siq, Schutzbauten

Der Siq im UiU Fotorundgang

Um die Mitte des 1. Jhs. v. Chr. oder etwas später zerstörte eine extreme Springflut durch den Siq (die enge und tiefe Schlucht, die heute der Hauptzugang ist) eine erste Wasserleitung, den Kiesweg und Bauten im Stadtgebiet. Deshalb errichteten die Nabatäer in den Jahrzehnten vor der Zeitenwende und wohl auch noch kurz danach ein aufwendiges Schutzsystem als grundlegende Voraussetzung für den weiteren Ausbau von Petra. Den Eingang zum Siq schützte ein hoher Damm, und in der Schlucht rechts davon wurde ein ca. 90 m langer Tunnel durch den Felsen geschlagen, um die Wassermassen umzuleiten. Mehrere Seitenschluchten entlang des Siq riegelten Rückhaltedämme ab. Auch auf der bis zu 70 m hohen Felskante an der Nordseite entstanden Schutzdämme. Der Weg durch den Siq wurde zu einer Pflasterstraße mit einer Mindestbreite von 3 m ausgebaut.

Mehr darüber im Fotorundgang

Vorarbeiten für die Bebauung des Zentrums

Talkessel von Petra

Um 20 - 10 v. Chr. oder etwas früher begannen in Petra die für eine monumentale Bebauung des Zentrums notwendigen Arbeiten. Es wurden Hänge terrassiert und große Flächen eingeebnet. Eigentlich ist der Talkessel für die Anlage einer Stadt ungeeignet. Trinkwasser musste durch kilometerlange Leitungen von Quellen herangebracht werden. Da das Gebiet wie ein Trichter in einer bergigen Umgebung mit felsigen Böden liegt, waren komplexe Schutzsysteme gegen Springfluten und Starkregen nötig, die im Winter auftreten können. Die fehlende Fernsicht erforderte zahlreiche Wachposten auf den Bergen im Umland.

Dieser ungeheure Aufwand wurde betrieben, um einen "Überraschungseffekt für Besucher" zu erreichen und Petra "zu einem richtiggehenden internationalen Schaufenster der Nabatäerkönige" auszubauen (Schmid, S. 135).

Blütezeit von Petra, 1. Jh. n. Chr.

Das Baugeschehen in Petra und das Reich der Nabatäer bis zu dessen Ende 106 n. Chr.

Aretas IV. König der Nabatäer

Aretas IV. mit Ehefrau Shaqilat

Als Obodas II. starb, beanspruchte Syllaios die Herrscherwürde und intrigierte in Rom gegen den Thronanwärter Aeneas (auch Aineias). Dieser ließ sich 9 v. Chr. zum König Aretas IV. krönen, ohne dass ihm der römische Kaiser Augustus die für Klientelkönige erforderliche Erlaubnis erteilt hatte. Erst nachdem Aretas IV. wesentlich dazu beigetragen hatte, die Intrigen des Syllaios zu entlarven, erkannte ihn Augustus als König der Nabatäer an.

Mit Aretas IV., der sich den Thronnamen Philopatris (der sein Volk liebt) gab und bis 40 n. Chr. regierte, begann die Blütezeit des Nabatäerreichs.

Silberdrachme: Aretas IV., Doppelporträt mit Shaqilat, die er 16/17 n. Chr. zur Frau nahm

Al-Khazneh - das Schatzhaus

Al-Khazneh - das Schatzhaus

Das berühmteste Monument in Petra entstand wahrscheinlich in der zweiten Hälfte der Regentschaft von König Aretas IV. (regierte 9 v. Chr. - 40 n. Chr.). Die Nabatäer hatten diesen Auftakt beim Betreten ihrer Hauptstadt von Osten her noch weitaus imposanter inszeniert, als der heutige Anblick erahnen lässt (mehr darüber). Man weiß nicht, für wen das Grabmal aus dem Felsen gehauen wurde, doch kann der überaus repräsentative Bau an diesem prominenten Ort nur für einen König oder eine Königin bestimmt gewesen sein.

Die Gestaltung weist deutliche Bezüge zur ptolomäischen Palastarchitektur Alexandrias auf. Berechnungen zufolge könnten die Arbeiten etwa drei Jahre gedauert haben. Wie die meisten Felsfassaden in Petra, so ist auch diese mit einer hellen Stuckschicht überzogen und farbig bemalt gewesen.

Der arabische Name "Khazneh al-Fira'un" (Schatzhaus des Pharao) stammt von Beduinen, die glaubten, ein ägyptischer Pharao auf der Flucht hätte in der Urne auf der Spitze einen Schatz versteckt.

Al-Khazneh (Schatzhaus)

Monumentalbauten im Zentrum

Monumentalbauten im Stadtzentrum

Im Rahmen der monumentalen Ausgestaltung des Stadtzentrums von Petra entstanden in derselben Phase, in der die Al-Khazneh (Schatzhaus) gebaut wurde, südlich und auch nördlich des Wadi Musa weitere Großbauten: Qasr al-Bint, Teile des sogenannten Großen Tempels, der Löwen-Greifen-Tempel.

Südbau, sogen. "Großer Tempel"

Südbau (Großer Tempel)

Der als "Großer Tempel" bekannte, größte freistehende architektonische Komplex in Petra war kein religöser Bau, sondern ein königliches Empfangsgebäude. Zuerst errichteten die Nabatäer gegen Ende 1. Jhs. v. Chr. oder Anfang 1. Jh. n. Chr. auf der obersten Plattform einen Peristylbau mit zwei Säulen an der Front (distylos in antis). In der umfangreichsten Bauphase um die Mitte des 1. Jhs. n. Chr. wurde dieses Gebäude wesentlich erweitert und mit Reliefs, Fresken, Mosaikböden und Stuckdekor ausgestattet. Zur selben Zeit entstanden auch der riesige Kolonnadenhof (unteres Temenos) mit den Elefantenkapitellen sowie die Toranlage (Propyläen) unten an der Straße.

Südbau (Großer Tempel)

Qasr al-Bint, Haupttempel

Qasr al-Bint

Das am besten erhaltene freistehende Bauwerk in Petra ist der Haupttempel der antiken Stadt. Er wurde an privilegierter Stelle auf der Südseite des Wadi Musa erbaut, wo Archäologen Spuren der ältesten nabatäischen Besiedelung entdeckten. Der einstmals aufwendig mit Stuck dekorierte Qasr al-Bint ist ein hervorragendes Beispiel für die Verschmelzung griechisch-römischer und östlicher Elemente in der Baukunst der Nabatäer. Das Temenos-Tor, durch das man in den heiligen Bezirk gelangt, stammt aus römischer Zeit (nach 106 n. Chr.), ebenso das Monument des Kaiserkults auf der Westseite des Platzes.

Qasr al-Bint

Löwen-Greifen-Tempel

Löwen-Greifen-Tempel

Nabatäischer Kultkomplex am Nordhang des Wadi Musa gegenüber dem sogenannten "Großen Tempel". Er besteht aus dem sakralen Bau mit den dazugehörigen Anlagen, Wohneinheiten, Werkstätten sowie einem Hof auf der Nordseite. Bei den ersten Ausgrabungen fanden die Archäologen Fragmente von Kapitellen mit geflügelten Löwen (Greifen), nach denen das Bauwerk benannte wurde. Die archäologischen Erkundungen lassen auf eine Nutzung des Tempels vom Ende des ersten Viertels des 1. Jhs. n. Chr. bis zum Erdbeben 363 n. Chr. schließen.

Löwen-Greifen-Tempel

Konflikt mit Herodes Antipas

Herodes Antipas, der Sohn Herodes des Großen (37 - 4 v. Chr. König von Judäa), war mit einer Tochter des Nabatäerkönigs Aretas IV. verheiratet. 27 n. Chr. verliebte sich Antipas in seine Nichte Herodias, die Ehefrau eines seiner Halbbrüder. Er wollte diese heiraten und verstieß deshalb seine nabatäische Frau Phasaelis, der die Flucht zu ihrem Vater gelang.

Johannes der Täufer kritisierte den Ehebruch des Antipas und der Herodias, weshalb er zu Beginn der 30er Jahre n. Chr. auf der Festung Machaerus am Toten Meer inhaftiert wurde. Herodias wollte sich an ihm rächen und drängte Salome, ihre Tochter aus erster Ehe, vor Antipas zu tanzen und ihn um einen Gefallen zu bitten: den Kopf von Johannes dem Täufer.

36 n. Chr. ergab sich für Aretas IV. die Gelegenheit, seinen ehemaligen Schwiegersohn Antipas für die Ehrverletzung zu bestrafen und dessen Truppen vernichtend zu schlagen.

Veränderungen im Handel und der Wirtschaft

Nachdem das Reich Saba die Meerenge Bab al-Mandab [Karte] nicht mehr kontrollierte (nach 7 n. Chr.) und die Seefahrer gelernt hatten, die Monsunwinde zu nutzen, gewann der Seeweg über das Rote Meer zunehmend an Bedeutung gegenüber der von den Nabatäern dominierten Wüstenroute. Doch hielten sich deren Verluste in Grenzen. Wegen der gestiegenen Nachfrage nach den Luxusgütern des Arabienhandels wurde der Transport auf dem Landweg weiterhin gebraucht. Auch legten die Nabatäer an der Nordostküste des Roten Meeres den Hafen Leuke Kome an, wo sie Zoll kassierten und ihre Karawanen die Ladung übernahmen, um sie ans Mittelmeer zu bringen.

Neben dem Fernhandel diversifizierten die Nabatäer ihre Wirtschaft, u.a. intensivierten sie die Landwirtschaft auch durch verbesserte Bewässerung, stellten Medikamente, Salben und Parfüms aus selbst angebauten Pflanzen und gesammelten Ingredenzien her, produzierten in großem Umfang Keramik.

Große Grabkomplexe

Soldatengrab-Komplex

Zahlreiche monumentale Felsfassaden in Petra sind Teil größerer Komplexe mit Innenhöfen oder Plattformen, Triklinia, Zisternen und Wasserbecken für den Kult. Dabei wurden aus dem Felsen gehauene Bauten mit aufgemauerter Architektur kombiniert. Die Erforschung des Soldatengrabes im Wadi Farasa Ost erbrachte wichtige Erkenntnisse über die bauliche Struktur und Funktionsweise solcher Ensembles, die an Vorbildern hellenistischer und römischer Paläste orientiert sind.

Der Soldatengrab-Komplex entstand wahrscheinlich im dritten Viertel des 1. Jahrhunderts n. Chr., als in Petra ein umfassendes Baugeschehen vonstatten ging. Zu den bekanntesten Anlagen aus jener Phase gehören das Urnengrab an der sogenannten Königswand, das Uneishu-Grab sowie Ad Deir (das Kloster - keine Grabanlage, sondern eine Kultstätte). Weitere interessante Felsgrabkomplexe befinden sich abseits der üblichen Touristenrouten, so z.B. im westlichen Wadi Farasa und ganz im Norden von Petra.

Soldatengrab-Komplex

Urnengrab

Urnengrab

Das Fassadengrab mit dem großen Kolonnadenhof und dem riesigen Unterbau aus Gewölben erhielt diesen Namen wegen der Urne auf dem dreieckigen Giebel. Einige Forscher vermuten, es könnte die Grabstätte des nabatäischen Königs Malichus II (40-70 n. Chr.) sein. Einer Inschrift im Innenraum zufolge wurde der Komplex 446 n. Chr. in eine byzantinische Kirche umgewandelt.
Urnengrab

Ad Deir (das Kloster)

Ad Deir (das Kloster)

Die monumentale Anlage auf einem Bergplateau hat die gleiche architektonische Struktur wie die großen Grabkomplexe, ist aber kein Grab, sondern eine Kultstätte, an der wahrscheinlich ein vergöttlichter König verehrt wurde. Die Bezeichnung "Ad Deir" (das Kloster) gaben Beduinen dem Bauwerk wegen der in eine Innenwand geritzten Kreuze, die von einer christlichen Nutzung in byzantinischer Zeit stammen.

Ad Deir

Uneishu-Grab

Uneishu-Grab

Uneishu war wahrscheinlich der Minister oder Wesir von Šaqilat II. (oder Šuqailat), die als Regentin ihres Sohnes, des letzten Nabatäerkönigs Rabbel II. (70 - 106 n. Chr.), von 70/71 bis 76 n. Chr. regierte. Der Hof vor der Grabfassade wurde von zwei Portiken begrenzt.
Uneishu-Grab

Rabbel II., letzter König der Nabatäer

Rabbel II. und Gamilat

Nachdem ab 70/71 n. Chr. zunächst seine Mutter als Regentin für den unmündigen Sohn regiert hatte, übte Rabbel II. ab 76 n. Chr. selbst die Herrschaft aus. Sein Thronname "der sein Volk erneuert und errettet" steht für nationale und religiöse Erneuerung, verbunden mit der Aufwertung der arabisch-nabatäischen Wurzeln. In der Kunst erfolgte eine Abkehr von griechisch-römisch geprägten, figurativen Darstellungen der Götter, die nunmehr nur noch durch das anikonische Steinmal, den Betyl, verkörpert wurden. Der althergebrachte Kult in Felsheiligtümern unter freiem Himmel, die es schon vor den Tempeln gab, erlangte neuerlich an Bedeutung.

Rom hatte 70 n. Chr. (auch mit nabatäischen Hilfstruppen König Malichus II.) den Ersten Jüdischen Aufstand niedergeschlagen, Jerusalem zerstört und Judäa zur römischen Provinz gemacht. Danach war die Selbständigkeit des Nabatäerreichs mehr denn je gefährdet. Mit der renovatio wollte Rabbel II. offensichtlich die religiöse Einheit stärken und ein nationales Bewusstsein schaffen, "um die politische Autonomie zu erhalten. … Es scheint so, dass aber gerade diese Rückbesinnung auf die eigene Tradition mit einer kaum vermeidbaren national-fundamentalistischen Nebenströmung mit zum Ende des Nabatäischen Reichs beigetragen hat, das Rom 106 n. Chr. durch Okkupation herbeiführte." (Wenning & Merklein, S. 110)

Silbermünze: Rabbel II. und seine Schwester/Gattin Gāmilat. Fotos: Classical Numismatic Group (CNG), Wikimedia Commons.

Römische Provinz, 2. und 3. Jahrhundert

Rätselhafte Annexion des Nabatäerreichs, Petra blieb die Metropole der neuen Provinz, neuer Bauboom, allmählicher Niedergang Petras

Rätselhafte Annexion durch Rom

Auf Befehl Kaiser Trajans (98 - 117 n. Chr.) besetzten Truppen aus den römischen Provinzen Syrien, Palästina und Ägypten unter dem Kommando von Cornelius Palma, Statthalter in Syrien, Anfang 106 n. Chr. das Nabatäerreich, anscheinend ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen. Doch statt sich der neuen provincia Arabia sogleich zu rühmen, erscheint sie erst fünf Jahre später auf einer Gedenkmünze von 111 n. Chr. - allerdings nicht mit der üblichen Formulierung "capta" ([militärisch] besetzt), sondern als "adquisita" ([friedlich] erworben). Die Annexion ist aber wohl nicht so unblutig verlaufen, wie diese Formulierung meist interpretiert wird. Archäologen entdeckten in Petra an verschiedenen Stellen Spuren von Zerstörungen in jener Zeit. Auch 417 kugelförmige Wurfgeschosse aus Stein, Pfeilspitzen und Wangenklappen von Helmen im Südbau ("Großer Tempel") könnten Belege für Kampfhandlungen sein.

Für den Anlass und den Verlauf der Annexion sind in den historischen Quellen keine Erklärungen zu finden. Der Zeitpunkt dürfte für die Römer denkbar ungünstig gewesen sein, denn Trajan hatte seinen zweiten Feldzug gegen die Daker (im heutigen Rumänien) noch nicht beendet, in dem nahezu die Hälfte aller römischen Truppen eingesetzt war. Es muss dringende Gründe für eine solche militärische Kampagne im Osten gegeben haben. Für die These, die Römer hätten Unruhen nach dem (vermuteten) Tod von König Rabbel II. ausgenutzt, um sich das Nabatäerreich anzueignen, fehlen Belege.

Interessant ist die Hypothese von Robert Wenning.

Über den Verbleib der Königsfamilie des Nabatäerreichs nach der Annexion ist nichts bekannt. Ein Großteil der nabatäischen Soldaten wurde dem römischen Heer als Hilfstruppen eingegliedert, in andere Provinzen geschickt und dadurch an neuen Aufständen gehindert.

Petra blieb eine Metropole

Petra blieb das wichtigste Zentrum der neuen Provinz Arabia und vorerste auch eine wohlhabende Stadt. Der Handel und die in nabatäischer Zeit etablierten Wirtschaftszweige (siehe oben) gediehen weiterhin. Ab dem 2. Jahrhundert erhielt Petra hohe kaiserliche Ehrentitel, darunter 114 n. Chr. "Metropolis von Arabien". Einige der ehrenvollen Titel waren bis ins 6. Jh. in Gebrauch.

Neuerlicher Bauboom

Temenos-Tor

Unter der römischen Administration begann ein umfangreiches Programm der Urbanisierung sowie der Renovierung und Erweiterung bestehender Bauten. So wurde die Ost-West-Achse entlang des Wadi Musa zu einer eleganten Säulenstraße mit Geschäften und Dienstleistungen in den Kolonnaden ausgebaut. Das Temenos-Tor grenzte diesen profanen Bereich vom erweiterten heiligen Bezirk des Qasr al-Bint ab.

Römisches Badehaus

Nach einem Erdbeben 113 oder 114 n. Chr. erfolgten Aus- und Umbauten des Südbaus (sogen. "Großer Tempel"), einschließlich eines römischen Badehauses auf dessen Westseite.

Theater

Das nabatäische Theater wurde erweitert, indem man hinter und neben diesem einige ältere Gräber abschlug, so dass etwa 8000 Menschen im Auditorium Platz fanden.

Bau der Via Nova Traiana

Kaiser Trajan ließ den uralten Königsweg zu einer über 400 km langen Verkehrsachse zwischen Aila (Aqaba) am Roten Meer und Bosra in Südsyrien ausbauen, was die Ferntransporte und Kommunikation erheblich erleichterte. Der älteste Abschnitt zwischen Petra und Madaba wurde schon 111 n. Chr. fertiggestellt.

Ratsversammlung in Petra

Theater im Südbau

Die früheste bekannte Erwähnung einer boule (Ratsversammlung) in Petra stammt aus dem Jahr 124. Möglicherweise diente das kleine Theater im Südbau (sogen. "Großer Tempel") als bouleuterion, d.h. als Versammlungsort der Stadträte.

Letztes Giebelgrab

Grab des Sextius Florentinus

Das Grab des Titus Aninius Sextius Florentinus, der ab 127 n. Chr. römischer Statthalter der Provincia Arabia war und 129 n. Chr. starb, ist das letzte große Felsgrabmonument in Petra.
Sextius Florentinus Grab

Kaiser Hadrian besuchte Petra

Anlässlich des Besuchs des römischen Kaisers Hadrian (regierte 117 - 138) erhielt die Stadt den Namen Hadriane Petra Metropolis.

Kaisermonument am Qasr al-Bint

Kopf des Marcus Aurelius

Auf der Westseite des heiligen Bezirks (Temenos) des Tempels Qasr al-Bint wurde zwischen 165 und 169 ein Monument des Kaiserkults eingeweiht. In dessen Apsis standen überlebensgroße Marmorskulpturen der Kaiser Marcus Aurelius und Lucius Verus, die 161 - 169 gemeinsam herrschten.

Kopf des Marcus Aurelius, jetzt im Jordan Museum.

Allmählicher Niedergang Petras

Im 3. Jahrhundert verlor Petra im Fernhandel, dem vormals wichtigsten Wirtschaftszweig der Nabatäer, zunehmend an Bedeutung. Durch heftige Wirren im Römischen Reich (Reichskrise 235 - 284/85 n. Chr.) und dessen Bedrohung von außen u.a. durch die Germanen und die persischen Sassaniden sowie die zeitweise Besetzung römischer Provinzen von Syrien bis Ägypten (269 - 272 n. Chr.) durch Palmyra unter der Herrscherin Zenobia sank die Nachfrage nach Luxusgütern aus dem Osten. Außerdem kam es in Westasien zu einer Verlagerung der wichtigsten Handelsrouten. Petra erscheint selten in historischen Quellen jener Zeit.

Archäologische Befunde einiger Bauwerke in Petra belegen den Niedergang der Stadt. So wurde z.B. der Südbau (sogen. "Großer Tempel") gegen Ende des 2. Jhs. n. Chr. anscheinend nicht mehr genutzt, denn er verfiel seit jener Zeit und ist geplündert worden.

Christenverfolgung

Unter dem römischen Kaiser Diokletian (regierte 284 - 305) wurden auch in Petra Christen verfolgt. Etwa 50 km nördlich der Stadt gab es im Wadi Faynan die berüchtigten Kupferminen (bekannt als Phaino), in denen die Römer frühe Christen als Arbeitssklaven zu Tode quälten. Später ist Faynan zu einem Bistum und Wallfahrtsort zu Ehren der Märtyrer geworden.

Byzantinische Zeit bis Mittelalter

Christianisierung, großes Erdbeben 363 in Petra, Kirchenbauten, Krise und Ende der Stadt, Islamisierung, Kreuzritter in Petra

Byzantinische Zeit

Als Beginn der byzantinischen Epoche gilt das Jahr 324, als der römische Kaiser Konstantin I. seine Alleinherrschaft durchgesetzt und die Hauptstadt des Reiches in das nach ihm benannte Konstantinopel (vormals Byzanz, heute Istanbul) verlegt hat. Schon ab 313 war das Christentum geduldet worden (Konstantinische Wende), 380 wurde es Staatsreligion.

Im Ostjordanland endete die byzantinische Zeit 636 mit der Schlacht am Yarmuk, in der die Armee des byzantinischen Kaisers Herakleios von den muslimischen Arabern unter dem Kommando des Khalid ibn al-Walid vernichtend geschlagen wurde.

Fortbestehen nabatäischen Bewusstseins

Bis ins späte 6. Jahrhundert n. Chr. setzte sich in Petra und der Region eine nabatäische ethnische Tradition fort. Das belegen griechische Inschriften der byzantinisch-christlichen Zeit mit nabatäischen Personen- und Ortsnamen in hellenisierten Formen sowie archäologische Artefakte. Griechisch war zwar die lingua franca und das Christentum die vorherrschende Religion, doch war unter der Bevölkerung nabatäischer Herkunft auch Jahrhunderte nach dem Ende ihres Staates noch ein starkes Identitätsbewusstsein verbreitet. (K. D. Politis, S. 188)

Nabatäer wurden zu Christen

Seit der Mitte des 4. Jhs. n. Chr. nahmen die Nabatäer das Christentum zunächst langsam und stockend an. Bischöfe aus Petra nahmen an den christologischen Konzilien von 347, 359 und 362 n. Chr. teil. Im späteren 4. Jh. gab es aber noch einmal eine starke Rückkehr zur nabatäischen Religion. Die alten Tempel blieben mindestens bis zum Erdbeben 363 in Gebrauch.

Verheerendes Erdbeben in Petra

Erbeben, Südbau

Am 19. Mai 363 richtete ein Erdbeben in Petra schwere Zerstörungen an. Weil sich die Stadt damals schon im Niedergang befand, hat sie sich von der Katastrophe nie erholt. So wurde in der einst prachtvollen Kolonnadenstraße der Schutt nur teilweise beiseite geräumt, um aus Trümmerteilen kleinere Geschäfte und private Strukturen zu errichten. Der Löwen-Greifen-Tempel, der "Große Tempel" und das Theater sind nicht wieder aufgebaut worden. Für die Wiederherstellung der komplexen Schutzanlagen gegen Sturzfluten (siehe oben) fehlten die Mittel, und immer mehr Schwemmgut lagerte sich in der Stadt ab. Auch die Reparatur und dauerhafte Instandhaltung der kilometerlangen Leitungen für Trinkwasser aus entfernten Quellen dürfte ein großes Problem gewesen sein.

Teilung des Römischen Reiches

Nach der Reichsteilung von 395 gehörten die syrischen, palästinensischen und transjordanischen Provinzen zu Ostrom, dem späteren Byzantinischen Reich. Bei der schon zuvor begonnenen administrativen Reorganisation wurde Petra zur Hauptstadt der neuen Provincia Palaestina Salutaris (ab dem frühen 5. Jh. Palaestina Tertia genannt), die Gebiete des heutigen Südjordanien, den Negev und wohl auch die Sinai-Halbinsel umfasste.

Barsauma "missioniert" in Petra

Auch nach den Zerstörungen durch das Erdbeben von 363 fanden in nabatäischen Tempeln Kulthandlungen statt. Das geht aus der Heiligenerzählung über den Mönch Barsauma (auch Bar Sauma) hervor. Dieser zog mit 40 Gefährten umher und zerstörte "heidnische" Tempel und jüdische Synagogen, um die Menschen zum Christentum zu "bekehren".

Als Barsauma vor Petra erschien, schlossen die verängstigten Bewohner die Tore, die sie erst öffneten, als er ihnen die Zerstörung der Stadt androhte. Petra litt damals unter einer vierjährigen Dürre, doch genau zu diesem Zeitpunkt, begann es stark zu regnen, und die Fluten spülten die Stadtmauer weg - womit vielleicht der Damm vor dem Siq gemeint war, der durch ein Erdbeben im Jahr 419 labil gewesen sein könnte. Angesichts dieses "himmlichen Zeichens" kam es zu Massentaufen. Danach gab es keine weiteren Berichte über "Heidentum" in Petra.

Ridge Church

Ridge Church

Auf einem Hügel im Norden nahe der Stadtmauer wurde ein Gebäude aus nabatäischer Zeit zu einer der ersten Kirchen von Petra umgebaut. Der von Archäologen Ridge Church (Kirche auf dem Grat) genannte Komplex gehörte möglicherweise zu einem militärischen Gebiet.

Das Urnengrab wurde zur Kirche

Urnengrab innen

Das monumentale nabatäische Urnengrab aus der 2. Hälfte des 1. Jhs. n. Chr. wurde zur christlichen Kirche umgebaut und einer griechischen Inschrift im Inneren zufolge am 24. Juni 446 von Bischof Jason geweiht. Aus liturgischen Gründen sind dafür die drei Grabstellen in der Rückwand der Felsenkammer zu flachgewölbten Apsiden erweitert worden.

Byzantinische Kirche (Petra Kirche)

Petra Kirche

Die dreischiffige Basilika (auch Petra Kirche genannt) wurde etwa ab 450 in mehreren Phasen u.a. mit Steinen nabatäischer und römischer Gebäude errichtet, die dem Erdbeben von 363 zum Opfer gefallen waren. Nachdem sie um das Jahr 600 niederbrannte, ist die Kirche von späteren Erdbeben weiter zerstört und verschüttet worden, wodurch die schönen Mosaikböden vor den Bilderstürmern späterer Zeiten verborgen blieben.

Petra Kirche

Blaue Kapelle

Blaue Kapelle

Etwas später als die Petra Kirche entstand etwas höher am Hang ein kleinerer Bau, der die Privatkapelle des Bischofs gewesen sein könnte. Die Kapelle erhielt ihre heutige Bezeichnung wegen der blauen Granitsäulen und der Innenausstattung aus blauem Marmor.

Pilgerort Jabal Harun

Jabal Harun

Auf dem Berg 5 km südwestlich des Zentrums von Petra soll Aaron begraben sein, der von Juden, Christen und Muslimen verehrte Bruder von Moses. Im späten 5. Jh. wurde an der Stelle eines früheren nabatäischen Heiligtums ein Kloster errichtet, das ein viel besuchter Pilgerort war. Nach Zerstörungen wohl durch Erdbeben ist es mehrfach wieder instand gesetzt worden und blieb mindestens bis ins 9. Jh. in Betrieb.

Petra war ein Verbannungsort

Während der Regierungszeit der (ost)römischen Kaiser Anastasios I. (491-518) und Justin I. (518-527) war Petra ein Verbannungsort sowohl für Kriminelle als auch für Kirchenleute, deren Auffassung vom Christentum von der offiziellen Linie der Regierung und des Klerus in Konstantinopel abwich. (Z.T. Fiema, S. 153)

Petra Papyri - Alltagsleben in Petra

Petra Papyri

Bei der Erforschung der Petra Kirche fand man 152 verkohlte Papyrusrollen. Nachdem es gelang, die in Griechisch geschriebenen Texte lesbar zu machen, stellte sich heraus, dass es datierte Dokumente einer wohlhabenden Familie von Landbesitzern sind. Die Besitzurkunden, Geschäftspapiere, Verträge etc. vermitteln einzigartige Einblicke in das Alltagsleben in Petra in den Jahren 537 bis 592/93.

Die Petra Papyri bestätigen, dass die Landwirtschaft im Umland von Petra in byzantinischer Zeit die wichtigste Einnahmequelle war und Handelskontakte lokal begrenzt blieben. Nabatäische Bräuche und Traditionen existierten offensichtlich selbst 400 Jahre nach der römischen Annexion weiter. (Fiema, S. 310)
mehr Infos

Petra ist keine Stadt mehr

Ab dem späten 6./frühen 7. Jahrhundert ist Petra keine lebensfähige urbane Ansiedlung mehr gewesen. Da die Leitungen zu entfernten Quellen zerstört waren, wird das im Stadtgebiet verfügbare Wasser wohl nur für ein paar hundert Menschen gereicht haben. In der Blütezeit lebte dort ca. 30.000 Einwohner. Die verbliebene Bevölkerung schlug sich u.a. damit durch, dass sie die antiken Bauten nach Rohstoffen durchsuchte und die vielen Gräber plünderte. Nach der Mitte des 7. Jhs. war der frühere Hauptzugang durch den Siq nicht mehr in Gebrauch. Ein Erdbeben im Jahr 748 richtete weitere schwere Schäden an. Der Talkessel von Petra blieb aber bis ins 12. Jahrhundert und vielleicht noch länger in Form verstreuter Cluster besiedelt.
(Infos aus Bikai und Fiema)

Beginn der Islamisierung

Mit dem Sieg des muslimischen Heeres in der Schlacht am Yarmuk 636 endete die byzantinische bzw. oströmische Ära in Transjordanien und das islamische Zeitalter brach an. Bald darauf begann auch in der Region von Petra die Islamisierung der Bevölkerung.

Islamische Umbauten im Qasr al-Bint

Im Qasr al-Bint, dem einstigen nabatäischen Haupttempel von Petra, fanden Archäologen Spuren frühislamischer Umbauten aus dem 9./10. Jh., bestehend aus einer Terrassenmauer auf der monumentalen Treppe sowie einer Umfassungsmauer im Pronaos, errichtet aus wiederverwendeten Bruchsteinen und Säulentrommeln. (Renel & Fournet)

Kreuzritter in Petra

Burg auf dem Jabal al-Habis

Um die Karawanenwege zwischen Syrien und Ägypten zu kontrollieren, ordnete Balduin I. (König von Jerusalem) 1115 den Bau der Festung Montréal in Shobak (25 km nördlich von Petra) an. Im Jahr darauf ist im Osten von Petra der Außenposten Vaux Moise (Tal des Moses, in Arabisch al-Wuʿaira) auf den Überresten eines nabatäischen oder römischen Vorgängerbaus errichtet worden. Auf dem Berg Jabal al-Habis über dem zerstörten Stadtzentrum bauten die Kreuzritter eine weitere Burg auf den Überresten einer antiken Festung (Foto oben). Im Wadi Farasa Ost nutzten sie die Ruine des Soldatengrab-Komplexes für eine kleinere befestigte Anlage.

Nachdem Saladin die Kreuzritter 1187 bei Hattin besiegt hatte, eroberten die Ayyubiden auch deren große Festungen und übernahmen sie.

Sultan Baibars zieht durch Petra

Um eine Verschwörung gegen ihn zu vereiteln, reiste der Mamlukensultan Baibars (1260-1277) von Kairo in Ägypten nach Kerak im heutigen Jordanien. Nach fünf Tagen erklomm sein Tross, vom Wadi Araba kommend, den Jabal Harun und zog von dort nach Petra hinunter. Der arabische Geschichtsschreiber Nuweri (1279-1332) verfasste ausgehend von Ibn ‘Abd az-Zaher, Chronist des Sultans, einen Bericht über diese Reise mit einer ausführlichen Beschreibung von Petra.
(F. Zayadine, S. 160/161)

Wiederentdeckung, Neuzeit, Gegenwart

Erste europäische Besucher in Petra, Beginn der wissenschaftlichen Erforschung, UNESCO Weltkulturerbe, neues Museum

Johann Ludwig Burckhardt in Petra

Johann Ludwig Burckhardt

Der heimliche Besuch des Schweizers Johann Ludwig Burckhardt (1784 - 1817) in Petra am 22. August 1812 gilt als Beginn der neuzeitlichen Entdeckung der archäologischen Stätte. Auf einer Reise von Aleppo nach Kairo durch Transjordanien erfuhr Burckhardt von der antiken Stadt und suchte dann nach ihr. Während seines Aufenthalts im Orient kleidete er sich arabisch und nannte sich Scheich Ibrahim ibn Abdallah. Seine Reiseberichte wurden ab 1819 posthum zunächst in Englisch unter seinem englischen Namen John Lewis Burckhardt und ab 1820 in Deutsch veröffentlicht.

Britische Expedition

Nachdem die britischen Marineoffiziere Charles Leonard Irby und James Mangles von Burckhardts Entdeckung gehört hatten, sind sie im Mai 1818 mit einer gut ausgerüsteten Gruppe von 11 Personen zwei Tage lang in Petra gewesen. Darunter war William John Bankes, dessen Zeichnungen zu den ersten Bilddokumenten von Petra zählen. Sie sind allerdings nicht in dem Reisebericht von Irbes und Mangles enthalten, durch den Petra in Großbritannien eine gewisse Bekanntheit erlangte. (van der Meijden Zanoni)

Erste wissenschaftliche Präsentation

Laborde, Linant

Die Franzosen Léon Emmanuel Simon Joseph de Laborde und Louis Maurice Adolphe Linant de Bellefonds reisten 1828 gemeinsam nach Petra, blieben dort 6 Tage und dokumentierten die Ruinen umfangreich in Zeichnungen und Beschreibungen. 1830-33 erschien der reich mit Lithografien, Holzschnitten und topografischen Zeichnungen ausgestattete Prachtband Voyage de l’Arabie Pétrée par Léon de Laborde et Linant. Das Buch enthält auch praktische Ratschläge für die Reise durch die Wüste. Durch eine englische Übersetzung 1836 wurde es einem großen Leserkreis zugänglich und prägte eine Vorstellung von Petra, die im 19. Jahrhundert bestimmend blieb. (van der Meijden Zanoni)

Brünnow und von Domaszewski

Brünnow und von Domaszewski

Mit der Expedition von Rudolf-Ernst Brünnow (linkes Foto) und Alfred von Domaszewski in den Jahren 1897 und 1898 begann die systematische Erforschung Petras. Ihr 1904 publiziertes Werk Die Provincia Arabia, Band 1, mit einem Katalog der Gräber und anderen Monumente in Petra bildet die Grundlage für die weitere wissenschaftliche Erkundung der archäologischen Stätte und dient noch heute als Referenz. Die detaillierten Beschreibungen werden veranschaulicht und ergänzt durch eine Fülle an Fotografien, Zeichnungen, Karten mit der Lokalisierung der Monumente, etc.

Alois Musil

Der österreichisch-tschechische Priester, Theologe und Orientalist hielt sich viermal in Petra auf. Sein 1907 veröffentlichtes, umfangreiches Werk Arabia Petraea enthält eine ausführliche Dokumentation der einzelnen Monumente mit einer zuverlässigen Karte.

Gustaf Dalman

Dalman folgte der Arbeit von Brünnow & von Domaszewski und ging in zahlreichen detaillierten Beschreibungen über diese hinaus. Er veröffentlichte sie 1908 in dem reich mit Fotografien und Zeichnungen bebilderten Buch Petra und seine Felsheiligtümer. Auch seine Nummerierung der Monumente wird in der Petra-Forschung heute noch benutzt.

Vermessung des Stadtzentrums

Während des Ersten Weltkriegs hat das Deutsch-Türkische Denkmalschutzkommando unter der Leitung von Theodor Wiegand 1916 das Stadtzentrum von Petra zwei Wochen lang untersucht, kartografiert und fotografiert. Obwohl keine Ausgrabungen durchgeführt wurden, waren und sind die 1921 veröffentlichten Ergebnisse und Pläne eine wichtige Grundlage, um Petra als urbane Siedlung zu verstehen. Ein weiterer Beitrag zur Forschung ist die Feststellung, dass die monumentalen Grabfassaden Teil architektonischer Komplexe mit gemauerten Strukturen sind, so z. B. der Soldatengrab-Komplex. (Schmid, S. 143)

Gründung der Antikenbehörde

Nach der Schaffung des Emirats Transjordanien unter britischer Mandatsherrschaft 1921 wurde 1923 in Amman das Department of Antiquities gegründet, die bis in die Gegenwart existierende Antikenbehörde Jordaniens. Damit entstand eine Institution, um die Ausgrabungstätigkeit im Land gesetzlich zu regeln und zu beaufsichtigen.

Erste Ausgrabung in Petra

Die erste systematische Ausgrabung in Petra leitete das britische Archäologenpaar Agnes Conway und George Horsfield, der 1928-1936 Chief Inspector der Altertümer in Transjordanien war.

Seitdem fanden unzählige Grabungskampagnen internationaler und jordanischer Teams statt, und dennoch sind schätzungsweise erst 20% des Gebiets von Petra archäologisch erforscht.

Umsiedelung der Beduinen von Petra

Umm Sayhoun

Etwa 140 Familien vom Beduinenstamm der Bdul (auch: Bedul, Bdoul) lebten in den Höhlen und Grabbauten von Petra, bis sie von der Regierung in den neu erbauten Ort Umm Sayhoun (im Foto) umgesiedelt wurden. Die antike Stätte sollte besser geschützt und erforscht sowie touristisch genutzt werden. Viele Bdul arbeiten in Petra im Tourismus, als Wächter oder als Hilfskräfte bei Ausgrabungen.

Petra wird UNESCO Weltkulturerbe

1985 wurde Petra von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen, als "eine der berühmtesten archäologischen Stätten der Welt, in der sich antike östliche Traditionen mit hellenistischer Architektur vermischen".

Archäologischer Park Petra gegründet

1993 stellte die jordanische Regierung ein 264 Quadratkilometer großes Gebiet um Petra unter besonderen Schutz. Es wird als Petra National Park (PNP) sowie zutreffender als Petra Archaeological Park bezeichnet und vom Ministerium für Tourismus und Altertümer verwaltet.

Neues Petra Museum eröffnet

Petra Museum

Im April 2019 wurde ein neues Petra Museum eröffnet. Der moderne Bau gleich neben dem Haupteingang zur archäologischen Stätte hat eine Ausstellungsfläche von 1.800 Quadratmetern. In 8 Galerien sind 300 Fundstücke aus der Region von Petra präsentiert, beginnend mit der Altsteinzeit. Jede Galerie ist als thematische Ausstellung konzipiert, in der auch vermittelt wird, wie die Menschen früher lebten, über welche Kenntnisse und Fähigkeiten sie verfügten und wie sie mit den klimatischen Herausforderungen zurechtkamen.


Liste der nabatäischen Könige

Die nabatäischen Scheichs trugen den Titel malak / König bereits im 3. Jh. v. Chr. und vielleicht schon früher.

272 - 252 v. Chr.
Erwähnung eines nabatäischen Königs im Papyrus des Poseidippos von Pella (280 - 270 am Hofe des Ptolemaios II. Philadelphos in Alexandria)

Aretas I.   (um 168 v. Chr.)

Aretas II.   (ca. 120 /110 – 96 v. Chr.)

Obodas I.   (ca. 96 – 85 v. Chr.)

Rabbel I.   (um 85 /84 v. Chr.)

Aretas III.   (84 - 59 v. Chr., Philhellenos, "Griechenfreund")

Malichus I.   (59 - 30 v. Chr.)

Obodas II.   (30 - 9 v. Chr.)

Aretas IV.   (9 v. Chr. - 40 n. Chr., Philopatris, "der sein Volk liebt")

Malichus II.   (40 - 70 n. Chr.)

Rabbel II.   (70 /71 – 106 n. Chr., "der Leben und Rettung gibt seinem Volk")


Quelle: Robert Wenning (1993) und dessen spätere Anmerkungen zu Obodas II./III.


© Chronologie zusammengestellt und editiert von Gerhard Haupt, Universes in Universe. Urheberrechtlich geschützt, auch die einzelnen Einträge und die Fotos.


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Web-Guide für Kulturreisende - eine Fülle an Informationen und Fotos.

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